Herausforderung Pfarrhaus
Am 24. November 2022Claudia Printz, Sinsheim-Hilsbach:
Bei unserer Vorstands- und Beiratstagung im Oktober sprachen wir länger über die aktuelle Situation im Pfarramt und in den Pfarrhäusern.
Am 1.9.21 wurde im Deutschlandfunk eine Sendung ausgestrahlt mit dem Titel „Aussterbender Beruf Pfarrfrau“ (zur Sendung).
Stirbt die Pfarrfrau aus? Im Sinne eines Berufes, der keine andere Berufstätigkeit zulassen würde, stimmt das vermutlich.
Uns allen ist klar, dass die Hochzeit einer Frau mit einem Pfarrer schon längst nicht mehr eine eigene Berufstätigkeit ausschließt. Auch wenn inzwischen überwiegend Frauen Theologie studieren, wird es auch in Zukunft Pfarrer geben, zu denen eine Ehefrau gehört. Man kann sich gegen die Bezeichnung „Pfarrfrau“ wehren. Man kann als Frau eines Pfarrers aber auch immer sich dieser Herausforderung „Leben im Pfarrhaus“ stellen und darin Chancen sehen. Und das sind die Frauen, die wir auch künftig mit unserem Pfarrfrauenbund ansprechen wollen. Wenn ich an das bunte Bild der Pfarrfrauen in Baden auf unseren großen Tagungen denke, dann freue ich mich über die Vielfalt, die auch schon die Älteren und ganz Alten unter ihnen widerspiegeln. Jede Pfarrfrau darf ihre Begabungen und ihren Auftrag entdecken, sei es in einem eigenen Aufgabenbereich bzw. Beruf, sei es in Familie und Gemeinde des Mannes, beides ist gleich viel wert, ob sich die Tätigkeit in barer Münze auszahlt oder nicht.
Im Pfarrfrauenbund haben wir schon lange Frauen von Pfarrern, denen es bei der Wahl des Mannes fürs Leben in erster Linie um den Mann als Person ging und er könnte genauso gut Metzger, Chauffeur oder Ingenieur sein. Doch im Lauf der Zeit stellt sich heraus, dass die Arbeitszeiten gewöhnungsbedürftig sind, das Pfarrhaus vielleicht doch mehr in der Öffentlichkeit steht und frequentiert wird als gedacht und in der Gemeinde gewisse Erwartungen an die Pfarrfrau bestehen. Wir geben diesen Frauen eine Plattform zum Austausch, die Möglichkeit, ihre Situation zu reflektieren und die Anregung, die eigene Identität in Christus zu gründen.
Da wir über ganz Deutschland verteilt Kreise haben bzw. Tagungen anbieten, ist es auch nach einem Umzug möglich, schnell wieder Anschluss an andere Pfarrfrauen zu finden.
Schon längst ist es keine Ausnahme mehr: selbst Ehen von Pfarrern kommen in schwere Krisen und werden geschieden. Wir nehmen das sehr wohl wahr und für uns ist klar, dass auch diese Frauen (weiter oder ganz neu) einen Platz bei uns haben. Gerade wenn sich alles, was bislang Halt gegeben hat, auflöst, wollen wir da sein und getreu unserem Motto ein Netz auch für diese Frauen bilden, dass sie sich getragen wissen. Das gilt auch schon immer für die Pfarrwitwen, die wir unter uns haben.
Wir sehen auch, dass junge Frauen, die ihr erstes Kind bekommen, mit einer völlig neuen Situation konfrontiert werden und ihr Pfarrfrau-Sein vielleicht erst jetzt richtig ins Bewusstsein kommt. Darum sind uns auch Frauen mit kleinen Kindern herzlich willkommen. Wir wünschen uns, dass auch diese neue Lebensphase für Pfarrfamilien gut gelingt und Frauen bei uns in geschütztem Rahmen erzählen können, Frust und Fragen loswerden, neue Freundinnen und einen neuen Horizont finden.
Das besondere im Pfarrfrauenbund ist gerade das gute, wertschätzende Miteinander von alten und jungen Frauen. Wir profitieren voneinander, von den Erfahrungen des Alters und von der Offenheit der Jugend. Wir kümmern uns in besonderer Weise um unsere altgewordenen Pfarrschwestern und halten den Kontakt zu ihnen durch Telefonate, Besuche und PFB aktuell.
Wir ermutigen dazu, dass jede Pfarrfrau ihre Augen und Herzen für die Frauen von Pfarrern, aber auch von Diakonen und anderen kirchlichen Mitarbeitern um sie herum öffnet. Wir beten füreinander. Wir suchen gemeinsam Antworten für unser Leben in dieser Zeit aus dem reichen Schatz des Wortes Gottes.
Lange haben wir uns Gedanken gemacht, ob unser Name „Pfarrfrauenbund“ noch aktuell ist. Ist ein Bund nicht etwas veraltetes? Wir denken nicht. Unsere Gesellschaft leidet an der Unverbindlichkeit unserer Zeit. Dagegen hilft, zu einem festen Bund zu gehören. Wir fühlen uns einander verbunden, gerade auch weil wir besondere und vom Aussterben bedrohte Pflanzen sind.