Herausforderung Pfarrfrau
Am 23. November 2022Cornelia Kampe, Linkenheim:
Ich lebe im Moment ein Leben als „klassische“ Pfarrfrau: ich widme mich vollberuflich dem Haushalt und den Kindern, halte meinem Mann den Rücken frei und arbeite an verschiedenen Stellen in der Gemeinde mit. Natürlich wird diese Lebensweise regelmäßig hinterfragt. In meinem noch aus Schulzeiten bestehenden Freundeskreis bin ich die einzige, die nicht berufstätig ist. Das ist immer wieder Thema: „Willst Du nicht wieder arbeiten gehen?“ „Denkst Du auch mal an die Rente?“ Oder auch ganz direkt: „Vergeudest Du nicht Deine Fähigkeiten? Du hast immerhin ja mal Abitur gemacht!“ Besonders die letzte Frage hat mich sehr getroffen und lange beschäftigt. Ich merke, wie schnell ich beginne, mich zu verteidigen und meine Entscheidung für das Leben als Pfarrfrau zu rechtfertigen. Woher kommt das nur?
Als unsere Kinder kleiner waren und sich mein Leben gefühlt nur noch zwischen Herd, Waschmaschine und Wickeltisch abspielte, fühlte ich mich manchmal ziemlich eingeengt durch den Pfarrberuf meines Mannes. So viele Abende, an denen er nicht da war. So viele Termine an den Wochenenden, die keine gemeinsamen Familienunternehmungen zuließen. Das fiel mir leichter anzunehmen, als ich mir klar machte, dass das meine Art von Gemeindeunterstützung ist. Früher hatte ich Abendandachten mitgestaltet, jetzt brachte ich eben die Kinder des Pfarrers zu Bett, damit dieser die Bibelstunde halten konnte. Nicht damit er ungestört seinen Beruf ausüben kann, sondern damit meine Gemeinde wachsen kann.
Heute sehe ich viele Aspekte an meinem Leben als Pfarrfrau, für die ich dankbar bin. Ich darf die Entwicklung meiner Kinder intensiv miterleben! Meine Zeiteinteilung ist relativ flexibel, ich kann mich auch mal spontan verabreden. Der Schwerpunkt in meinem Leben ist, in Beziehungen zu investieren. In die zu meinem Mann und meinen Kindern, aber auch in die zu anderen Menschen. Unter diesem Aspekt betrachtet, tue ich auch nichts anderes als früher als Therapeutin in einer Klinik. Anders ausgedrückt: meine berufliche Tätigkeit war auch nicht wertvoller.
Natürlich sollte jeder Mensch, auch jede Frau eines Pfarrers, nicht in irgendeine Rolle gedrängt werden, auch nicht zur Aufgabe ihres Berufes und erst recht nicht zur Leitung des Frauenkreises. Aber bei der Diskussion über die Pfarrfrau wird oft übersehen, welch einzigartige Chancen mit dieser Position verbunden sind. Menschen öffnen sich, vertrauen mir ihre Sorgen an. Ein Gespräch mit der Pfarrfrau ist für manche Gemeindeglieder leichter begonnen als eines mit dem Pfarrer. Nicht nur ältere Menschen haben gelegentlich eine Scheu vor der Person im Talar, die sie als souverän am Altar oder Grab stehend erleben und deren zahlreiche Aufgaben sie sehen.
Als Pfarrfrau ein normaler Mensch zu sein, der Schwächen auch mal zulässt und zeigt, baut viele Berührungsängste ab und ermutigt, sich zu öffnen. Die Möglichkeit, für die Freunde der Kinder ein offenes Haus zu haben, lässt ganz natürliche Begegnungen mit gelebtem Glauben zu.
So bin ich gern Pfarrfrau – und werde vielleicht eines Tages wieder zusätzlich in meinem Beruf tätig sein.